Interview mit Roland Brunner – Globetrotter, Geologe und passionierter Fischer

Es war wirklich schwierig, mit Roland einen Termin für das Interview zu finden. Er stand kurz vor seiner Abreise nach Neuseeland, und für ein persönliches Gespräch von Angesicht zu Angesicht reichte es leider nicht mehr. Aber Dank moderner Technik (und einigen Anlaufschwierigkeiten) schafften wir es dann doch noch, das Interview via Skype durchzuführen.

Roland, 3 Tage vor der grossen Reise auf die Südhalbkugel, hast du alles schon gepackt?

(lacht schallend) Nächste Frage bitte! Nein, ernsthaft. Die Koffer stehen bereit, und in meinem Wohnwagen liegen rund 46 Kilo an Material rum, welches in die Koffer muss, von sauber gepackt kann keine Rede sein.

In deinem Wohnwagen?

Ja, den Winter verbringe ich im Ausland, hauptsächlich in Neuseeland, und den Sommer verbringe ich in meinem gemütlichen Wohnwagen auf einem Campingplatz am Bielersee. Ich habe zwar eine Wohnung im Aargau, aber was soll ich dort in der Wohnung rumsitzen, wenn ich hier als passionierter Fischer direkt am See – oder besser gesagt auf dem See – das schöne Wetter geniessen kann.

Seit 6 Jahren verbringe ich November bis Januar auf der neuseeländischen Nordinsel, und dann Februar bis April auf der Südinsel.

Das klingt ja traumhaft. Neuseeland – Der Sehnsuchtsort vieler Goldwäscher. Wann hat es dir den Ärmel reingenommen?

Im Jahr 2005 war ich das erste Mal in Neuseeland zum Goldwaschen. Ich reiste mit Unmengen von Material an, Brecheisen, Pumpe, du kannst dir ja vorstellen, was man alles an Material brauchen kann. Leider war ich damals nicht besonders erfolgreich. Ich suchte die bekannten Goldwaschorte wie zum Beispiel Arrowtown oder Shotover-River auf und lief mir die Hacken ab, aber vielleicht habe ich auch einfach nur die richtigen Spots nicht gefunden. Ich kannte Daniel Gerber, besser bekannt als Dani D’Or, der einen Goldwaschshop hatte und Kurse auf der ganzen Welt anbot, und dieser Dani D’Or wanderte dann der Liebe wegen nach Neuseeland aus. Dort zog er ein Goldwasch-Business im grösseren Stil auf, flog mit dem Helikopter in die Wildnis und kaufte Claims auch eigene Claims. Ich konnte ihn in Neuseeland ein paar Male besuchen und erhielt viele spannende Infos. Sonst bin ich einfach nur mit Pfanne und Schleuse unterwegs.

Hast du in Neuseeland auch schon gedredgt?

Nein,es hat mich nie gereizt und ich bin auch kein grosser Fan vom Dregden. Wenn man dredgt, ist das bereits ein semi-professionelles Goldwaschen, man braucht Bewilligungen und muss das Knowhow und auch das nötige Kleingeld haben. Es ist auch nicht ungefährlich, die Dredge kann weggeschwemmt werden. Es hat auch keine grosse Akzeptanz in der Bevölkerung. Besonders in der Schweiz ist das Dredgen ein No-Go.

Was sind die gesetzlichen Bestimmungen zum Goldwaschen in Neuseeland?

Es gibt ein paar Flussabschnitte, die offiziell zum Goldwaschen mit Pfanne, Schleusse oder Detektor freigegeben sind, die sind aber hoffnungslos überlaufen. (Gold fossicking (doc.govt.nz) gibt eine Übersicht der Gebiete, Anm. d. R.). Für alle anderen Flüsse braucht es eine Bewilligung. In Nationalparks ist es verboten.

Eine andere Möglichkeit ist, den Grundeigentümer zu fragen, wenn der Fluss durch Privatland fliesst. Ich kenne viele Hobbygoldwäscher, die haben schön Gold gefunden. Aber auch in Neuseeland hat das Hobby-Goldwaschen massiv zugenommen und viele Flussabschnitte, wo man früher noch Goldwaschen durfte, sind inzwischen fürs Goldwaschen gesperrt.

Also, in Neuseeland bin ich nicht reich geworden mit Goldwaschen, und werde es wohl auch in Zukunft nicht sein. Inzwischen bin ich in Neuseeland mehr am Fischen als am Goldwaschen. Da waren meine zwei Reisen nach Alaska schon erfolgreicher. Schön Gold gefunden hatte ich zum Beispiel am Crevice Creek oder unter dem Pont du Gare in Südfrankreich.

Unter dem Pont du Gare? Wie kommt man denn auf diese Idee?

Das ist das Schöne an den Goldwasch-Meisterschaften, du lernst viele gleiche Spinner kennen wie ich einer bin, und der eine oder andere gibt dir tolle Tipps wie eben direkt unter der besagten Brücke Gold zu waschen.

Du schaufelst 6 bis 8 Stunden, dein Rücken schmerzt, hast zudem noch einen Stiefel mit Wasser rausgezogen, du kommst am Ende des Tages mit 0.1 Gramm nach Hause, deine Frau ist beleidigt, dass du sie wegen so wenig Ausbeute den ganzen Tag alleine gelassen hast und trotzdem hast du den ganzen Tag genossen. Und genau solche Leute, die das gleiche empfinden, findest du bei den Wettkämpfen.

Du bist schon seit einer halben Ewigkeit Goldwäscher. Bei meinen Recherchen bin ich auf Zeitungsartikel gestossen, in denen du von deinen Goldwaschaktivitäten in Asien berichtest. Erzähl doch mal.

Ja, das stimmt, ich schrieb mehrere Artikel über Goldwaschen in Kambodscha, Burma, Vietnam, Thailand und Laos.

Als studierter Geologe mit Spezialgebiet Hydrologie hatte ich 1998 die Chance, über das DEZA (Departement für Entwicklung und Zusammenarbeit) für die Mekong River Comission ein Jahr in Kambodscha zu arbeiten. Ziel war es, im Mekong River mehrere Staudämme zu bauen und sie brauchten Spezialisten, die die Umsetzbarkeit des Projektes prüfte.

Daher konnte ich in den Ländern entlang des Mekongs herumreisen und das Arbeiten mit meinem Goldwasch-Hobby verbinden. Meine Thailändisch-Kenntnisse halfen mir dabei sehr. Meistens war ich mit einem Töff unterwegs, und sah leider auch unschöne Dinge. Da wuschen die Einheimischen zum Beispiel den feinen Goldstaub mit Quecksilber aus, indem sie mit der Hand im Quecksilber-Goldgemisch rührten, und die ganze Brühe lief direkt in die Reisfelder. Für 0.3 Gramm Gold pro Tag ruinieren sie sich ihre Gesundheit, aber der Verdienst übersteigt das Einkommen eines Reisbauern. Auf meine Frage, ob das nicht ihre Gesundheit gefährde, meinten sie lapidar, sie wissen schon, dass es gefährlich sei, aber solange sie keine Auswirkungen spürten, sei es wichtiger, die Familie zu ernähren.

In Thailand, genauer gesagt in Phichit, fand ein Reisbauer 1998 nach getaner Arbeit ein gelbes Klümpchen an seinem schlammigen Stiefeln kleben. Bei genauerer Betrachtung stellte es sich als ein Goldnugget heraus. Praktisch über Nacht brach dann der Goldrausch aus, die Bevölkerung grub sämtliche Reisfelder um. Das ging so weit, dass ein kleiner Tempel, der mitten in den Reisfeldern stand, schlussendlich als kleine Insel 5 Meter über den Goldfeldern thronte. Die Polizei griff dann ein und verbot sämtliche Goldwäscher-Aktivitäten. Das hielt die Einheimischen jedoch nicht davon ab, sie schlichen einfach nachts mit Stirnlampen bewaffnet heimlich auf die Goldfelder und schleppten säckeweise Erde und Steine nach Hause. Das sah aus wie eine Ameisenstrasse. Das Material wuschen sie dann tagsüber in den Reisfeldern aus. Ich schloss mich den nächtlichen Aktivitäten an, schleppte Säcke voller Dreck, sehr zum Erstaunen und der Erheiterung der Einheimischen. Gefunden habe ich allerdings nicht viel. Wäre auch nicht gut gewesen, wenn ich der lokalen Bevölkerung ihr Gold «klauen» würde.  

Das Hobby betreibe ich allerdings schon viel länger, seit ich 22 Jahre alt bin, also seit 1976. Während meines Geologiestudiums hielt der damalige Professor Allemann einen Vortrag über Vererzungen von Mineralien aller Art, unter anderem auch von Gold. Der Zufall wollte es, dass Peter Pfander nur kurze Zeit danach einen Goldwaschtag an der grossen Fontanne anbot. Also liess ich meinen Schatz an diesem Sonntag zu Hause und Peter weihte mich in die Kunst des Goldwaschens ein. Ich fand tatsächlich ganze 4 Flitter! Sie sahen im Röhrchen einfach wunderschön aus. Meine bessere Hälfte zu Hause war allerdings weniger beeindruckt. Im Raum für den Werksunterricht an meiner Schule baute ich dann gemeinsam mit einem Schreinerfreund meine erste Schleuse, so richtig mit Vertiefungen, Gitter und allem Drum und Dran. Von da an war ich sicher einmal pro Woche an der Fontanne. Das war allerdings nicht besonders hilfreich für die Beziehung. Goldwaschen und Fischen – zwei Hobbies, die nicht gerade beziehungsförderlich sind (grinst).

Nun bin ich mehr oder weniger an den Emmentaler- und Entlebucherflüssen wie zum Beispiel der Rotache oder dem Hämelbach unterwegs. An der Rotache hatte ich mit 3.5 Gramm meinen bisher erfolgreichsten Tag. Und wie es so geht, da kommt ein anderer Goldwäscher her, will dein Röhrchen angucken, und das nächste Mal, wenn du an deiner Erfolgsstelle graben willst hat ein anderer sie bereits ausgebeutet. Aber das ist auch schon 30 Jahre her.

Der lustigste, beziehungsweise tragischste Fund machte ich 1987 in Kalifornien auf einem Claim eines befreundeten Ehepaares. Ich hatte ein bisschen Gold gefunden, nichts Grossartiges, und dann war da so ein daumennagelgrosser silbriger Klumpen in der Pfanne. Bei näherem Betrachten stellte es sich als Quecksilber heraus und enttäuscht warf ich es weg. Meinen Bekannten erzählte ich am Abend von meinem Fund und auch, dass ich es weggeworfen hatte. «Nein, zu dumm!» riefen sie, «da war sicher massives Gold drin, das muss jemand beim Auswaschen mit Quecksilber verloren haben. Das braucht man nur zu erhitzen und dann kommt das Gold hervor».

Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen und machte mich am nächsten Tag auf die Suche nach dem weggeworfenen Quecksilberklümpchen. Aber trotz intensivem Schaufeln blieb das gute Stück leider verschwunden.

Warst du nur in Kalifornien oder hast du noch andere US-Staaten besucht?

Ich habe den 1848-er Goldtrail besucht, der ist sehr zu empfehlen. Landschaftlich sehr reizvoll und äusserst geschichtsträchtig mit all seinen historischen Goldgräberorten und Museen zur Goldrausch-Geschichte. Das war wohl meine eindrücklichste Reise zum Thema Gold.

Du warst auch schon in Australien auf Goldsuche. Was sind dort die Herausforderungen?

In Australien suchten wir 1985 im Outback Westaustraliens mit Detektoren. Nicht ungefährlich, wenn man sich nicht auskennt. Man kann sich sehr schnell verlaufen, selbst wenn man nur wenige Meter von der Strasse weg ist. In der Regel suchst du den Boden schachbrettartig ab mit Hilfe einer Kette, die du hinter dir herziehst. Aber dann siehst du einen Gully, schnell ein paar Schritte nach links, folgst dem Gully, und dann plötzlich weisst du nicht mehr, wo du bist.  Jeder Baum und jeder Strauch sieht gleich aus und es gibt keine Orientierungspunkte. Du hörst nur noch das Säuseln der Blätter im Wind. Mir ist das passiert, typischer Anfängerfehler. Dann schreist und rufst du in der Hoffnung, dass dich deine Kollegen hören, aber nichts passiert. Nach einer Stunde vergeblichen Rufens gerätst du dann leicht in Panik. GPS und Handy mit Kompass gab es damals noch nicht. Meine Kollegen haben dann irgendwann mal auf die Hupe gedrückt und den Motor gestartet, so konnte ich mich orientieren.

Mein australischer Outback-Guide, Jamie Jones, konnte sich im Busch mühelos orientieren, in der Stadt allerdings war er hilflos überfordert. Er konnte sich einfach nicht merken, an welchen Gebäuden oder Strassen er schon vorbeigekommen ist und verlief sich regelmässig im Grossstadt-Dschungel.

Das Unangenehmste im Outback ist jedoch nicht die eintönige Landschaft, die Schlangen, die Hitze oder Spinnen, sondern der Staub und die Unmengen an kleinen schwarzen Fliegen. Die stechen zwar nicht, aber kriechen in die Nase, Augen, Ohren, bleiben in der Augenflüssigkeit kleben oder bereichern dein Spaghetti-Essen mit zusätzlichen Proteinen.

Aber habt ihr Gold gefunden mit den Detektoren?

Wirklich viel gefunden haben wir nicht, ausser ab und zu Coca-Cola-Dosen, Bierbüchsen und rostige Nägel. Das Problem mit den Detektoren ist, dass man den feinen Unterschied im Signal heraushören muss, ob es nun Gold, Altmetall oder ein sogenannter Hot Rock ist, Erzgestein, Hämatit oder Magnetit mit sehr hohem Eisengehalt. Profis können die Signaltöne unterscheiden, für uns Laien ist das eine echte Herausforderung.

Nächsten Sommer nimmst du an der legendären Goldwasch-Meisterschaft in Dawson City, am Yukon in Kanada, teil. Ist es dein erstes Mal?

Ich war schon einmal in Dawson, allerdings noch nie an einer Meisterschaft. Mein primäres Ziel ist es nicht einen guten Rang zu belegen, sondern die spezielle Atmosphäre zu schnuppern und ein paar Leute kennenzulernen. Wer weiss, vielleicht hat der eine oder andere ja auch einen Claim und es gelingt mir sogar, ihn da besuchen zu dürfen. Ich nehme jedenfalls genügend Schweizerschokolade mit?

Früher nahm ich öfters an Goldwasch-Meisterschaften teil. Während meiner 20jährigen SGV-Vorstandstätigkeit war ich da näher dran, aber mit der Pensionierung und dem Rücktritt aus dem Vorstand haben sich meine Prioritäten etwas verlagert, mehr hin zum Fischen, meiner zweiten grossen Leidenschaft. Meine Partnerin meint, mein Wohnmobil sei kein Wohnmobil, sondern ein Anglerladen auf Rädern, randvoll gepackt mit Angelequipment. Und Neuseeland ist natürlich nicht nur für Goldwäscher eine Traumdestination, sondern auch für Fischer. Wie praktisch, dass ich beides kombinieren kann.

Roland, herzlichen Dank für das interessante Gespräch und wer weiss, vielleicht hören wir von dir später einen Live-Bericht aus Thailand, du machst dort ja einen Zwischenstopp auf deiner Reise nach Neuseeland.

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